Forum / Eine Story ohne ProtagonistInnen/AntagonistInnen?

Eine Story ohne ProtagonistInnen/AntagonistInnen?

@Dirk_Gerlach @Dirk_Gerlach

Wie geht Ihr damit um, wenn Ihr in Eurem Drehbuch ein begehrenswertes Objekt (von int. politischer Bedeutung und hohem materiellen Wert) habt, um dass sich viele (8-9) Personen reissen, aber es weder klare ProtagonistInnen noch AntagonistInnen gibt. 

Letztlich arbeiten in meiner Story alle Charaktere mehr oder weniger gegeneinander, hintergehen sich bisweilen, um anderswo wieder zu kooperieren, jedoch ist keine Person davon eine treibende Kraft. Somit ist für die mögl. ZuschauerInnen auch kein/e Akteurin identifizierbar, mit der man "mitfiebert, dass sie es am Ende schafft". 

Letztlich dreht sich die Story immer nur über die Umstände und Folgen, bei denen das Objekt der gemeinsamen Begierde aufkreuzt.

Am Ende schafft es tatsächlich niemand, der Beute habhaft zu werden. Nur zwei Nebendarsteller, welche die Story nur kurz am Anfang gekreuzt haben,  gelangen (ohne dass jemand dies merkt) in den Besitz des Objekts. Der Clou der Story ist daher, dass alle Akteure (m/w) die ganze Zeit über etwas nachgejagt sind, was schon von Anbeginn an, von wem anderen gefunden wurde. Auch die LeserInnen/ZuschauerInnen werden erst zum Ende mit dieser Erkenntnis konfrontiert.

@paula_red @paula_red

Hm, interessante Frage...
Mir fällt als erstes "Is was Doc" ein, eine screwball Verwechlsungskomödie mit Barbara Streisand aus den 70ern. Die habe ich total geliebt! Es geht um diverse Koffer, die immer wieder vertauscht werden. Und es ist ein Ensemble Stück mit ziemlich vielen Figuren in einem Hotel. Aber der emotionale rote Faden ist eindeutig: Kriegt sie den Doc (als Lover), oder nicht?
Und ihre Figur ist zwar nicht heldenhaft, aber man geht eindeutig mit ihr mit.

So wie du es beschreibst, klingt es ein bisschen wie ein Lehrstück, "was passiert, wenn man was zu sehr will" - man sieht, dass alle daran scheitern, weil sie es zu doll wollen. Das es unterhaltsam wird ist dein Experiment. Kann sein, dass man sich dabei sehr gut amüsiert, weil man sich selbst doch irgendwo wieder erkennt. Ich würde deswegen einfach alle Figuren mit sehr viel Liebe zeichnen, sowohl ihre guten als auch ihre schlechten Attribute zeigen. Sie sehr menschlich und sympathisch machen.
Wenn alle eher negativ rüber kommen, würde ich es mir nicht ansehen...

Ich weiß nicht, inwiefern das Forum noch belebt ist, ich glaube, es schlummert etwas und wir müssten es mal wieder beleben... Danke für deine Anregung dazu!

Liebe  Grüße,
Paula


@Dirk_Gerlach @Dirk_Gerlach

Danke für Dein Feedback... alle meine AkteurInnen sind eher vom Verlangen getriebene, die entweder vor nichts zurückschrecken, oder gezwungenermaßen Dinge tun müssen, die sie nicht wollen, nur um in Besitz des Objektes zu bekommen bzw. ihren Erpressern dies zu ermöglichen. Sie sind nicht von Grundauf negativ, doch ihre negativen Attribute stehen meist im Vordergrund. Es häufen sich jede Menge Leichen an und es ist eine Krimikomödie vielleicht auch Agentenkomödie, allerdings ohne Albernheiten.

@frank_hellenkamp @frank_hellenkamp

Kurt Vonnegut hat mehrere solcher Geschichten, in der es eigentlich keine "guten" Charaktere gibt und gleichzeitig auch nicht wirklich Hauptcharaktere:

z.B. in Galapagos: https://en.wikipedia.org/wiki/Galápagos_%28novel%29


Im Film würde mir direkt Babel einfallen:

https://en.wikipedia.org/wiki/Babel_(film)


Dort werden parallel mehrere Geschichten erzählt, wobei keine davon wirklich die Hauptgeschichte ist und alle Stränge aber indirekt eine Verbindung haben.


Die zwei anderen Filme aus der Trilogie (Amores Perros und 21 Grams) sind ähnlich aufgebaut.


@Dirk_Gerlach @Dirk_Gerlach

Danke :-) Ich versuche es mal anders zu erklären: nähme man einen  Guy Ritchie - Film (Snatch, The Gentlemen, Bube-Dame-König-Gras) und man würde darin eigentlich niemanden etwas gönnen, so beschreibt das in etwa das Dilemma meines Projekts. Bei seinen Filmen ist man als ZuschauerIn immer für den ein oder anderen, unabhängig davon, ob sie am Ende ihr Ziel erreichen. Bei meinem Drehbuch wünscht man es niemanden. Diejenigen, die es am Ende schaffen, hatte man bereits seit dem ersten Drittel des Plots wieder verdrängt, weil man glaubte, dass die keine Rolle mehr spielen.

@Gerlinde_Kenkel @Gerlinde_Kenkel

Ich weiß nicht, ob jemand den Film "Der gelbe Rolls-Royce" kennt. Darin geht es um ein Auto, das mehrmals den Besitzer wechselt. Ein Episodenfilm, in der jede Episode Protagonist und Antagonist hat, Oder "Nashville", ebenfalls ein Episodenfilm, in dem mehrere Handlungsstränge miteinander verbunden wurden. Auch hier gab es mehrere Protagonisten und Antagonisten.

In "Ist was Doc" ist Ryab O'Neil der Protagonist, und Barbara Streisand zunächst die  Antagonistin, und am Ende der Love Interest. Daran kann man sehen, dass Charaktere auch geändert werden können.

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